Auf den ersten Blick haben sie nichts miteinander zu tun, die fünf Regisseure, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Doch schaut man auf ihre Biografien, so entdeckt man einen Namen, der sie alle verbindet: Rosa von Praunheim, der wohl hemmungsloseste, offensivste und ehrlichste Regisseur Deutschlands. Anlässlich seines 70. Geburtstags drehten die Rosakinder, wie sie sich selbst nennen, eine Hommage an Praunheim. Sie stellen darin sich selbst und ihren Weg zum Film vor, und immer wieder taucht dabei in Schlüsselphasen ihres Lebens und ihrer kreativen Arbeit Rosa von Praunheim auf.
Jeder der Regisseure hat seinen kleinen, ganz persönlichen Film über die Beziehung zu Rosa gedreht. Das Ergebnis ist eine bunte Genrecollage im dokumentarischen Rahmen. Zwischen Kreativität, Innovationsdrang, Trotz, Gewalt, Provokation, Unsicherheit und Liebe gleichermaßen wird der Lehrer immer mehr zur Vaterfigur. Ein Vater, mit dem man sich manchmal so sehr streitet, dass man sich mit ihm schlagen möchte. Aber auch ein Vater, den man anruft, wenn man eigentlich alleine sein und mit niemandem sprechen möchte.
Rosakinder
Julia von Heinz, Chris Kraus, Axel Ranisch, Robert Thalheim, Tom Tykwer
Geboren 1976 in Berlin. Studium und Promotion an der Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf. Tätig als Regisseurin, Drehbuchautorin, Produzentin und Hochschulprofessorin.
2008 | Alles was am Ende zählt | Spielfilm | |
Standesgemäß | Dokumentarfilm | 2008 | |
2012 | Hanni und Nanni 2 | Spielfilm | |
Rosakinder | Dokumentarfilm Co-Regie |
2012 | |
2013 | Hannas Reise | Spielfilm | 2013 |
2015 | Ich bin dann mal weg | Spielfilm | |
2017 | Katharina Luther | TV-Film | |
2018 | Für immer und dich | TV-Film | 2018 |
2020 | Und morgen die ganze Welt | Spielfilm | 2020 |
Rosakinder und Meine Väter
Rosa von Praunheim lernte ich im Jahr 2005 kennen, zunächst als seine Praktikantin, dann als seine Regieassistentin und Cutterin, als seine künstlerische Mitarbeiterin an der Filmhochschule und letztlich als seine Freundin, Vertraute und Kollegin, die seit nun 20 Jahren beieinander in künstlerischen und menschlichen Fragen Rat fanden. Zu seinem 70. Geburtstag beschlossen wir, ihm eine filmische Liebeserklärung zu machen, RegisseurInnen, die von ihm als Mentor und Vaterfigur geprägt wurden. Es ist unsere Liebeserklärung geworden an Rosa, an diesen unglaublich mutigen, produktiven und warmen Menschen, dessen Kunst und Aktivismus seit 60 Jahren das deutsche Filmschaffen prägen. Und es ist ein Film über das Filmemachen geworden, fünf RegisseurInnen, die schonungslos und offen ihren eigenen beruflichen Weg schildern.
Wie wichtig mir Rosa als Mentor war, wurde mir erneut bewusst, als ich im Rahmen einer europäischen Covid-Compilation Isolation meinen Kurzfilm Meine Väter beisteuerte. Mein Vater war 80-jährig einen Tag vor dem ersten Lockdown gestorben. Beim Ausräumen seines Zimmers in Dresden entdeckten meine Schwester und ich, dass er seine Homosexualität vor uns verborgen und im Grunde ein ganzes mögliches Leben versäumt hat. Er war fast derselbe Jahrgang wie Rosa von Praunheim. In einem Briefwechsel mit Rosa habe ich die neue Erkenntnis über meinen Vater filmisch verarbeitet.